Heute möchte ich mal etwas neues versuchen, dazu muss ich etwas weiter ausholen: ich bin in einem kleinen Kaff im Rheingau aufgewachsen. Die Buchhandlung im nächsten Ort war klein und fein, aber zu klein, um darin Veranstaltungen abzuhalten. Daher kam ich bisher nur auf Festivals oder Buchmessen in das Vergnügen, Lesungen von Autoren zu besuchen, die mich interessieren.
Doch gestern war es endlich soweit: in Düsseldorf sind im Juni immer Literaturtage (zusammen mit einem sogenannten Bücherbummel über Düsseldorfs bekannteste Allee, die Kö). Am Freitag, 19.6.15 fand im Literaturbüro NRW eine Lesung mit Jo Lendle statt, die ich heute gerne besprechen würde.
Jo Lendle, seines Zeichens Autor und Verleger bei Hanser, ist mir letztes Jahr zum ersten Mal bewusst "begegnet", als sein Briefwechsel mit seinem Internetanbieter zur Sommerlochbeschäftigung der Verlagsbranche wurde. Da ich mich zum selben Zeitpunkt in einem ewigen Kampf mit der Telekom befand, fühlte ich mich ihm geistig verbunden. Umso mehr freute ich mich, als ich las, dass er Bücher schreibt und sein neuestes nicht nur von der Liebe, sondern auch von einem Zauberer handelt.
Die Räumlichkeiten des Literaturbüros befinden sich in einem wunderschönen alten Gebäude in der Düsseldorfer Altstadt. Überall an den Wänden hängen alte Stiche, Fotografien und leere, künstlerisch arrangierte Bilderrahmen. Dadurch entsteht dieser Geruch aus altem Papier und Liebe zur Kunst, den man nicht wirklich beschreiben kann, der aber allen buchaffinen Etablissements anhängt.
Die Lesung begann pünktlich um 19.30 Uhr, als Michael Serrer (Leiter des Literaturbüros) und ein Mann, der Jo Lendles Profilfoto ähnlich sah und zum Buchcover passende Socken trug, den Raum betraten. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde gab es eine dreiviertelstündige Lesung aus "Was wir Liebe nennen", bei der wir lernten, dass das Buch nicht nur viele witzige Stellen, sondern auch tolle Sätze enthält, die zum Nachdenken anregen. Die Zeit verging wie im Fluge und sogar mein Freund, der schon fürchtete, in der stickigen Luft einzuschlafen, amüsierte sich prächtig und kicherte an den richtigen Stellen.
Im Anschluss las uns Herr Serrer noch einige seiner Lieblingsstellen vor, bevor das Publikum die Gelegenheit bekam, Herr Lendle zu Religion, Liebe, Kitsch und anderen wichtigen Themen des Lebens
zu befragen. Seine Empfehlung für den diesjährigen Literaturnobelpreis ist übrigens Mircea Cărtărescu. Ich bin gespannt...
Insgesamt ein wundervoller, amüsanter Abend, dem ich nur jeden zur Nachahmung empfehlen kann - eine Rezension des Werkes findet ihr hier.
~ Lilith ~
Homepage des Literaturbüro NRW
Alle Bücher von Jo Lendle, erschienen in der Deutschen Verlagsanstalt
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Agga Kastell (Dienstag, 23 Juni 2015 17:44)
Sehr schöner Artikel. Macht neugierig. Sollte ich in die Stadt ziehen?