Durch herbstlich verfärbte Wälder und nur 30 Minuten von Düsseldorf entfernt, liegt die Bücherstadt Langenberg.
Bücherstädte sind Orte, die kein besonderes touristisches Merkmal hatten und sich daher auf Antiquariate und Buchhandlungen spezialisiert haben, um zu überleben. Bücherstädte gibt es auf der ganzen Welt, eine ausführliche Liste findet ihr hier. Die Bücherstadt Langenberg wird von einem Verein organisiert, der die freiwilligen Buchspenden an seine Antiquariate verteilt.
Ihr werdet merken, die meisten Antiquariate haben eine zweite Funktion - nur wenige können vom reinen Buchverkauf leben, und diejenigen, die es versucht haben, mussten bald aufgeben.
Wir waren an einem Urlaubsdienstag in der malerischen kleinen Stadt - ein Wochenende wäre allerdings besser zum Shopping, dann haben alle Läden auf (denkt an Bargeld!!). Wir hatten dafür Ruhe, kaum Menschen auf den Straßen und dennoch 4 offene Buchhandlungen.
1. Tourist-Information & Antiquariat
Erster Stopp: Hellerstraße 12, dort befindet sich die Tourist-Information mit vielen hilfreichen Flyern und auch direkt das erste Antiquariat. In die Altstadt solltet ihr allerdings nicht fahren, um die Ecke ist ein großer Parkplatz.
Urig eingerichtet fühlt man sich, als würde man bei seiner Oma im Wohnzimmer die Bücherregale durchstöbern - aber hier kann man die ganze Einrichtung kaufen: ein Kronleuchter, antike Stühle, eine alte Schreibmaschine oder Schmuck in Vitrinen haben alle charmante handgeschriebene Preiszettel.
Die Bücher hingegen haben keine Preise: Da die Bücher dem Verein gespendet werden, schlagen die Verkäufer der Vereinsantiquariate zwar einen Preis vor, doch der ist immer Verhandlungssache. Die Preise sind allerdings mehr als fair und wir haben kein einziges Mal gehandelt.
Nachdem wir hier die ersten drei Bücher gefunden hatten, zogen wir weiter.
Touristinformation, Vorverkaufsstelle, Antiquariat "Bücherstadt-Treff"
Hellerstr. 12
2. Buchbinderei & Antiquariat
Der, im Rückblick betrachtet, wichtigste Stopp des Tages. Dieses Gebäude enthält 3 Geschäfte: ein Buchantiquariat, eine Buchbinderei und ein Grafikantiquariat. Begrüßt wird man schon von außen von lustigen Buch-Sprüchen. Im Haus trafen wir auf den Buchbinder Michael Rönsberg, der sich aufgrund des ruhigen Tages die Zeit nahm, uns den Laden und seine Arbeit ausführlich zu erklären. Wir durften sogar in seinen geheimen Schrank voller zukünftiger Restaurierungsprojekte schauen. Ja, ich arbeite in einem Verlag, aber ich habe Buchwissenschaft studiert und welches Bibliophilenherz schlägt nicht höher, wenn es eine ledergebundene antike Ausgabe mit Schnallen und Farbschnitt sieht? Damals hat man sich noch Mühe gegeben, jedes Exponat so schön wie möglich zu gestalten, da können moderne läppische Taschenbücher einfach nicht mithalten.
Neben Restaurierungen fertigt Herr Rönsberg auch eigene Kunstwerke: winzige Notizbücher, handgebunden in selbst marmoriertem Papier, die man als Schmuck oder Mobile nutzen kann. Miniaturbücher, Orimoto, Buchständer und selbstgestaltete Buchboxen sind nur einige der zu entdeckenden Schönheiten.
Zwischen den Vorträgen stöberten wir immer wieder in den zahlreichen Regalen, die jeden freien Platz einnehmen. Die Bücher sind nur grob nach Genre sortiert - ein paar Donna Leons stehen zusammen, ein paar Kunstbände stehen zwischen Drucken und alles andere liegt querbeet. Das Konzept geht auf: Immer wieder fanden wir Bücher, von denen wir noch nie gehört hatten und die wir wohl in unseren üblichen Jagdgebieten nie gefunden hätten (seht euch nur mal das in Spitze gebundenen Buch unten an!). Hier muss man sich wirklich Zeit nehmen, alles zu durchwühlen, damit einem kein Schatz entgeht. In der Tat, hier haben wir am meisten ausgegeben und die meisten Bücher gefunden.
Buchbinderei & Antiquariat, Inhaber Michael Rönsberg
Buch- und Grafikantiquariat Ananda Art Gallery GmbH, Inhaber H. Elmar Lamers
Hauptstr. 39
3. Der Gutenberg - Buchmacherey
Unseren vorletzten Halt konnten wir schon von weitem erkennen: Im Wind flatterten handgedruckte Seiten und auf einem Schild stand "Buchmacherey". Vor dem Haus saßen zwei Männer, die sich vor einigen Bücherkisten über einem Schachspiel kabbelten - sehr atmosphärisch.
Im Haus hingen allerdings überall christliche Traktate und Zitate und auch die schönen gebundenen Bücher waren größtenteils christlichen Ursprungs.
Auch wenn die Werkstatt also schön anzusehen war, haben wir hier keine Beute gefunden.
Der Gutenberg - Die Buchmacherey, Inhaber: Hans Josef Altmann
Mühlenstr. 10
4. Bücherquelle
Dies ist das Hauptantiquariat des Vereins. Da es erst um 14 Uhr öffnet, lag es auf unserem Rückweg zum Parkplatz. Im Fenster entdecke ich direkt den Hinweis auf einen wöchentlichen Lesetreff, spannend!
Innen kann man sich prima verlieren - direkt zur linken ist ein Raum voller Sachbücher, zur rechten geht's ins Labyrinth. 5 Räume voller alter gespendeter Bücher, fein säuberlich nach Genres geordnet, laden zu weiterem ausgiebigen Stöbern ein. Auch hier gilt, wie in der Touristinfo: Die Preise der Bücher sind Verhandlungssache, doch auch hier haben wir nicht weiter verhandelt.
Ich habe so kurz vor Ende doch noch eine Alice-Ausgabe gefunden, bei der ich weder Übersetzerin noch Illustratorin kannte. Perfekt! Adam hat sich in der Sportabteilung umgesehen und einige Bücher zu Kampfsport entdeckt - und geweint, dass solche Verlagsprogramme heutzutage nicht mehr tragbar sind.
Die freundliche ehrenamtliche Mitarbeiterin bot uns einen guten Preis und einige Erklärungen zu Verein und Buchspenden. Ein schöner Abschluss für einen entspannten Tag in dieser malerischen Stadt.
Antiquariat "Bücherquelle"
Kamperstr. 13
Ausstehend
In nur 3 Stunden haben wir einige Titel gefunden, von denen wir noch nie gehört hatten und unser Urlaubsbudget bedeutend verringert.
Dennoch fehlen uns noch einige Antiquariate, eine moderne Buchhandlung und zwei Museen. Zudem findet zweimal im Jahr ein großer Büchermarkt in der ganzen Stadt statt, den wollen wir uns natürlich auch ansehen. Und vielleicht dürfen wir ja nächstes Mal einen Blick in das mehrmals so lockend erwähnte Lager des Vereins werfen...
Unsere Beute:
~ Oscar Wilde: Gedichte und Balladen (in grünen Leineneinband)
~ John Steinbeck: The Acts of King Arthur and his Knights (mit keltischen Knotenillustrationen)
~ Book Towns (hatte ich schon in Bredevoort gesehen, aber damals nicht gekauft)
~ Das Agatha Christie Lesebuch
~ Lewis Carroll: Alice im Wunderland (Übersetzer & Illustrator hatte ich noch nicht)
~ Lyn Hamilton: Das keltische Labyrinth (irischer Krimi)
~ Cecil Saint-Laurent: Sittengeschichte der weiblichen Dessous (in Schuber und echte Dessous-Spitze gebunden!)
~ Adam hat zudem 4 ältere Titel zu Tibet, Karate, japanischen Keramiken und asiatischen Reiseberichten gefunden.
Falls ihr der Buchstadt helfen wollt, fahrt doch an einem schönen Wochenende vorbei (oder zum großen Büchermarkt in Mai/September) oder unterstützt eine Aktion auf www.velbert-zeigt-herz.de (man muss nur einen Code anfordern, die Aktion selbst ist kostenlos)!
Alle Öffnungszeiten, spezielle Aktionstage und weitere Aktivitäten findet ihr auf der Homepage der Stadt!
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Mikka (Samstag, 28 September 2019 13:35)
Hallo,
das sieht alles so malerisch aus, inklusive dekorativer schlafender Katze... Ein Traum, das würde ich mir auch gerne mal anschauen! Wäre mal ein Ziel für einen Tagesausflug. :-)
LG,
Mikka
<a href="https://wordpress.mikkaliest.de/">[ Mikka liest von A bis Z ]</a>
Klaus Stiebeling (Samstag, 05 Oktober 2019 12:23)
Ich frage mich, wie man Langenberg und das Antiquariat "Im Honnes" beschreiben kann und das Goethe/Ginkgo-Zimmermuseum im 1. Stock dabei unerwähnt lassen. "Ginkgonalia"-Sammlungen gibt es in der ganzen Bundesrepublik Deutschland nur zwei: die erste in der Goethestadt Weimar und die zweite in Langenberg. Lesen Sie im Gästebuch, das dort ausliegt, die begeisterten Einträge.
P.S. Ein Hinweisschild auf das Zimmermuseum ist an der Außenwand vom "Honnes" angebracht.
Klaus Stiebeling (Samstag, 05 Oktober 2019 12:32)
Antiquariat "Im Honnes" = Hellerstr. 12
Lilith (Samstag, 05 Oktober 2019 13:56)
Lieber Herr Stiebeling, ganz einfach: wir haben das Hinweisschild nicht gesehen, auf der Homepage ist in der Antiquariatsliste kein Hinweis und die Mitarbeiter drin haben nur gesagt, wir sollten unbedingt ins Hinterzimmer zu weiteren Büchern gehen. Vom 1. Stock war keine Rede...