Am Freitag besuchten wir eine ganz besondere Veranstaltung, sozusagen drei-in-eins: Ein Kessel Schwarzes mit Christian von Aster (Autor), Luci van Org (Sängerin & Autorin) und Oswald Henke (von Goethes Erben).
In blindem Vertrauen hatte ich mir keinen der Youtube-Teaser angesehen, hatte noch nie was von Goethes Erben gehört und begab mich unbeleckt in den Bahnhof Langendreer. Das Gebäude besteht aus einer Event-Location und einem Kino, wir mussten nur dem Patchouli-Duft zum Eingang folgen.
Parkplätze gibt es in der Umgebung genug, allerdings muss man sie im Dunkeln auch finden.
Das Programm hieß "Leichenschmaus" und der Abend sollte sich in zwei Themen gliedern: Speisen (vorgetragen in Schürzen) und Tod (im Anzug).
Es begann mit Shakespeares Hexen, die nicht um den namengebenden Kessel tanzten: "Shakespeare vegan". Überhaupt sollte es von Lucis Seite sehr viele Hinweise auf tierfreie Ernährung geben.
Der erste Einzelvortrag war "Iphigenie" von Oswald Henke. Es folgte die "Ballade vom Menschen, der sich selbst aß" und ein Muttertagsgedicht namens "Orangenschiffchen", das einigen Müttern im Publikum eine Träne entlockte, bevor es ganz abstrus wurde. Zu dritt sangen sie "Ich will keine Schokolade", wobei Luci und Oswald die ersten beiden Strophen sangen und Asti die letzte poetisch vortrug, bevor alles in ein boabefedertes, bisexuelles Chaos eskalierte. Köstlich - ich hab das mal für euch gefilmt und hochgeladen!
Luci las dann aus ihrem aktuellen autobiografischen Roman, "Wir Fünf und Ich und die Toten". Anschließend erzählte jeder seine liebste schlimmste Essens-Anekdote. Ihr werdet Coladosen nie wieder mit denselben Augen sehen. Jeder Vortrag enthielt zudem wichtige Fakten zum Thema Essen. Den ersten Teil beschließend, trug Asti das "Abendmahl in Finsterstein" vor. Holymoly.
Nach der Pause ging es mit dem zweiten Themenbereich weiter: Der Tod. Luci beeindruckte mit einer Akustik-Version von "Die with my Head held high" (vom Album ihrer neuen Band Lucina Soteira). Asti, der sich viele Jahre als Trauerredner auf den Tod seines Vaters vorzubereiten versuchte, präsentierte einige amüsante Fakten und las anschließend "Die Nacht, als der Tod Herrn Neng besuchte" aus seinem just erschienenen Buch "Schnitter, Gevatter und Sensenmann". Jede Menge äußerst privater Einblicke in diesem Teil.
Nachdem das Publikum mit Fakten zu diversen Kriegen, häuslichem Missbrauch und Kindesmisshandlung vollends zu Boden gerungen wurde, endete der Abend mit "Sag mir, wo die Blumen sind". Auf diesem Tiefpunkt wurden wir in die Nacht entlassen, verwirrt, deprimiert und ein wenig traumatisiert. Nach dem höchst amüsanten ersten Teil hatten wir dieses Ende nicht erwartet.
Zum Glück konnten wir die Stimmung bei der anschließenden kleinen Signier- und Knuddelrunde wieder etwas heben.
Fazit: Zwischendurch ein wenig chaotisch, was aber durch Charme und Witz ausgeglichen wurde. Fakten! Intimität! Essen! Leben! - alles, was ein Abend braucht, sofern man nach dem ersten Teil geht.
"Ein Kessel Schwarzes" sind heute Abend in Berlin und morgen in Greiz (ausverkauft).
"Ergo vivo pro bona morte"
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